08 Feb 2019

Aufenthaltsbestimmungsrecht: Wohl und Wille des Kindes

Am 14.11.2018 veröffentlichte das OLG Frankfurt/M. einen neuen Beschluss (Az. 1 UF 74/18), welcher die Aufenthaltsbestimmung von Kindern im Trennungsfall regelt. Dieser besagt, dass wenn das zuständige Familiengericht, einem Elternteil allein den Aufenthalt eines Kindes zugeteilt hat, kann dies nur durch eine Vorlage triftiger Gründe, zum Wohle des Kindes, nachträglich in ein paritätisches Wechselmodells umgewandelt werden. Der Wille des Kindes allein reicht hierbei nicht aus, sondern gehört nur zu einer Reihe mehrerer Aspekte, zur Feststellung des Kindeswohls.

Der Fall: Das Ehepaar hat drei gemeinsame Kinder. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für alle drei Kinder lag seit der Scheidung und einem Sorgerechtsverfahren im Jahr 2014, bei der Mutter. Diese verließ das gemeinsame Haus darauf folgend. Zwei Jahre später reichte der Vater der Kinder einen Antrag ein, das Recht der Aufenthaltsbestimmung nun auf ihn zu übertragen. Folgend wies das Familiengericht diesen Antrag zurück. Im Zuge einer Anhörung, teilten die Kinder den Wunsch eines Aufenthaltes beim Vater mit. Als Folge des hilfsweise eingereichten Antrages, wurde das hiesige Umgangsverfahren aufgenommen. Trotz der Ablehnung eines paritätischen Wechselmodells, kam es zur Anordnung eines „ausgedehnten Umgangs“. Dieser bezieht sich auf einen regelmäßigen Aufenthalt beim Vater, von Donnerstag Nachmittag bis Montag früh, alle 14 Tage. Eine erneute Beschwerde des Vaters zeigte sich ebenfalls als erfolglos. Es lagen dem Gericht zu urteilen, keine triftigen Gründe zum Wohle der Kinder vor, außerdem sollten bereits getroffene gerichtliche Entscheidungen nicht ihre Verbindlichkeit verlieren. Zudem sei es wichtig aufzuzeigen, dass kein Modell, als bevorzugtes Modell der Betreuung angesehen werden kann. Jede elterliche Situation muss im Einzelnen betrachtet und nach den allgemein geltenden Kriterien zum Wohl des Kindes, bewertet werden.

Dazu gehören:

  • die Eignung der Eltern zur Erziehung
  • die Eltern-Kind Bindung
  • die Bindungstoleranz
  • die Regeln der Förderung und der Kontinuität
  • der Wille des Kindes.

Im genannten Fall, stellt der Wille der Kinder, nur einen von mehreren Aspektes dar. Ob dieser Wille, mit dem Kindeswohl nach obenstehenden Kriterien, einher geht, gilt es stets zu prüfen. Auch das Alter des Kindes, die Fähigkeit zur Einsicht und besonders die Autonomie des Willen, sollten beachtet werden. Die Kinder formulierten den Wunsch beim Vater zu leben, in unterschiedlichen Anhörungen und wiederholt, jedoch kamen den Sachverständigen deutliche Zweifel, ob dieser Kindeswille auch mit der nötigen Autonomie entstanden sei. Es entstand der Eindruck, dass der Wunsch des Vaters, nicht vom Wunsch der Kinder zu trennen war. Zudem äußerten die Kinder vornehmlich die besseren Wohnbedingungen, wie ein Haus mit Garten, ein Haustier und auch vermehrte Spielmöglichkeiten. Eine emotionale Bindung an den Vater konnte nicht beobachtet werden, weshalb von Tendenzen der Beeinflussungs- oder sogar Instrumentalisierung von Seiten des Vaters, ausgegangen werden muss.

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